Schreiten Sie während der örtlichen Festlichkeiten an einem Platz in Barcelona, Tarragona oder einer anderen katalanischen Stadt oder Dorf vorbei und Sie bekommen ein atemberaubendes Bild: einheimische Männer, Frauen und Kinder stehen sich aufeinander auf den Schultern und das bis zu 10 Ebenen hoch.
Die Menschenpyramide oder auch castell (“Burg”auf katalanisch) genannt, ist eine irrsinnig mutige Tradtion und ein wahrer Augenschmauβ. Den unerschrockenenen castelleres (die burgbauenden Gruppen welche von Kindern bis hin zu munteren Senioren reichen) zuzusehen wie sie hoch und runter klettern ist ein Kraftakt für starke Herzen.
Drei Jahrhunderte Akrobatik
Die ersten dokumentierten Menschenpyramiden erschienen im Jahr 1712 in der Stadt Valls, in der Nähe von Tarragona, und wurden bis 1800 in die umliegenden Städte verbreitet. Der Sport begann sich in der gesamten Region Kataloniens vor 50 Jahren zu etablieren und gewinnt heutzutage immer mehr an Bedeutung, was sowohl Einheimische als auch Besucher erfreut.
Im Jahr 2010 wurden die Castells zum UNESCO Meisterstück des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit erklärt. Heute gibt es mehr als 100 offizielle Castellersvereinigungen in Katalonien.
© Fotos von ACT / Gemma Miralda
Eine sanfte Bewegung
Das Ziel und Prestige einer Menschenpyramide liegt in der Fähigkeit der Castellers sich nacheinander auf- und wieder abzubauen. Das Geheimnis liegt in der Konstruktion: die Basis, auch pinya genannt, ist das Herzstück des Turms welches meistens aus stämmigen Männern besteht, die gleichzeitig als Sicherheitsnetz dienen.
Die verschiedenen Ebenen, meist sechs oder zehn, werden gebildet indem sich die Teammitglieder vorsichtig auf den Schultern übereinanderstellen. Die Spitze des Turms ist das enxaneta: ein (helmtragendes) Kind welches seitlich bis nach oben klettert, begleitet von traditioneller Musik.
Der gefährlichste (und oft wackligste und nach Luft schnappende) Teil ist der Abbau: das enxaneta klettert hinunter auf der anderen Seite des Turms und die stützenden Castellers schälen sich langsam unter Applaus Level um Level wieder herunter.
© Fotos von ACT / Oriol Llauradó
Casteller-Beobachtung
Es ist sehr unwahrscheinlich die Castellers zu verfehlen, sollten Sie an einer oder besser gesagt mehreren Gruppen vorbei gehen, da die Castells normalerweise als Teil eines Wettbewerbs örtlicher Vereinigungen aufgebaut werden- es sind sehr viele!
Die traditionellen Kostüme der Castellers bestehen aus weiβen Hosen, einem Halstuch und einem T-shirt mit dem Manschaftssymbol. Das unterscheidungskräftigste Element ist eine schwarze Schärpe („faixa“) welche den unteren Rücken stützt und als Auf-oder Abstiegshilfe dient.
Sollten Ihre Gruppen nach Katalonien reisen, sind die Castells ein ehrfurchtgebietendes traditionelles Schauspiel. Mit dem Talisman und Motto der Castellers „Força, equilibri, valor i seny“ (Stärke, Balance, Mut und Gemeinschaftssinn), begeistern diese tapferen örtlichen Vereinigungen Zuschauer aller Altersklassen. Aber bitte probieren Sie es nicht zuhause aus!